Atlas der Visualisierungen - nature and science, 2006on
ATLAS
DER VISUALISIERUNGEN
ATLAS
DER VISUALSIERUNGEN/Agnes Fuchs, 2006/ 4 Hefte/Box
EDITIONGalerie
Stadtpark, Krems, 2007/ 1 Heft /1Objekt /Box
(...)
Um 1914 fasst der Jenaer Physiker Felix Auerbach die Vorteile der
diagrammatischen Verdichtung für Natur- und Geisteswissenschaft
folgendermaßen zusammen: Die graphische Darstellung ist zwar
"(e)ine äußerlich anspruchslose Kunst, denn sie
führt dem Auge nichts vor als Linien, zuweilen auch Flächen
und äußersten Falles räumliche, modellartige Figuren.
Aber für den, der diese Sprache zu lesen versteht, ist sie
auf ihre Weise beredter und reicher als alle anderen; auf knappen
Raume erzählt sie unglaublich viel; denn man kann diese Schrift
sozusagen von vorn und hinten, von oben und unten, analytisch und
synthetisch lesen; und jedes Mal erhält man dieselbe Erkenntnis
in einer neuen Form, einem neuen Zusammenhange, einer neuen Genese,
und das ist ja schließlich immer wieder eine neue Erkenntnis". Die Geschichte der Atlanten zeigt,
dass sich im Geiste und Sinne der Objektivierung zur wissenschaftlichen Darstellung
von Phänomenen eine spezifische diagrammatische Bildsprache kultiviert hat.
Da der Atlas darauf abzielt, die Natur zu einem sicheren Gegenstand zu machen
und die rohe Erfahrung durch gefilterte Erfahrung zu ersetzen, haben sich in der
naturwissenschaftlichen Diagrammatik Merkmale der Typologisierung herausgebildet,
um der wissenschaftlichen Sorge gegenüber der Subjektivität in grafischen
Darstellungen Vorschub zu leisten. Möglichst "interpretationslose",
ikonografisch im jeweiligen wissenschaftlichen Genre wieder zu verortende und
erkennbare Bildsprachen haben sich in einer nunmehr über hundertjährigen
Kultivierung, vor allen Dingen auch durch die massive Popularisierung von Atlanten
jeglicher Ausrichtung seit den 1950er Jahren, in unsere Sehgewohnheiten eingebrannt.
(...)
Wir
betrachten eine bestimmte Form der grafischen Darstellung als wissenschaftlich
und objektiv. Doch ist sie das auch? Beziehungsweise steht hier möglicherweise
nicht so sehr die Infragestellung von Objektivität der Darstellung eines
einzelnen (wissenschaftlichen) Phänomens im Vordergrund, als die viel interessantere
Frage, wie sich diese Bilder verhalten und anschauen lassen, wenn man sie erstens
ihrem Kontext enthebt und neu anordnet und sie dann noch mit Hilfe eines anderen
Mediums in diesen neuen Zusammenhang überträgt. Agnes Fuchs hat in dieser
Edition, im Format eines Atlanten, gemalte und gezeichnete Übertragungen
solcher physikalischer und astronomischer Diagrammatiken zusammengeführt.
(...)
Text: Melanie Ohnemus, 2006
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DER VISUALSIERUNGEN/Agnes Fuchs, 2006/ 4 Hefte/Box
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Stadtpark, Krems, 2007/ 1 Heft /1Objekt /Box
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